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 Enterbung
Autor: elke (---.cust.tele2.at)
Datum:   02.11.06 20:35

Hallo!

Mein Geschwister und ich haben schon alle unseren Pflichtteil bekommen. Und wir haben auch schon eine Verzichtserklärung unterschrieben. Bei meinen Eltern ist kein Haus mehr zu erben, da es schon übergeben wurde, nur noch das Bargeld, Schmuck usw. das irgendwann einmal zu erben ist. Meine Frage lautet nun: Mein Bruder hat seit Jahren keinen Kontakt mehr mit uns, hat unsere Eltern verklagt und es sind eben einige ziemlich hässliche Dinge vorgefallen. Nun wollen wir natürlich verhindern, dass nach dem Ableben unserer Eltern er mit grinsendem Gesicht vor uns steht und die Hand aufhält. Kann man das irgendwie kostengünstig verhindern? Z.B. mit einem einfachen Testament, das auch mal wieder geändert werden kann, bzw. nichts kostet?

Danke für Eure Antworten!
Elke



Antwort zu dieser Nachricht
 
 Re: Enterbung
Autor: Roland HERMANN (193.83.107.---)
Datum:   02.11.06 21:34

Als Enterbungsgründe sind in § 768 f. ABGB ausschließlich folgende Umstände vorgesehen :

1. wenn der Erbberechtigte den Erblasser im Notstande hilflos gelassen hat: darunter wurden von der bisherigen Rechtsprechung lediglich besonders krasse Fälle der Beistandspflichtverletzung verstanden, zB der unterlassene Besuch der lebensbedrohlich erkrankten Mutter im Krankenhaus; Vernachlässigung des geisteskranken alleinstehenden Elternteils oder des Ehegatten; Nichterfüllung der Unterhaltspflicht, wenn der Erblasser hierdurch dem Notstand preisgegeben wurde.

2. Verurteilung des Erbberechtigten wegen einer oder mehrerer mit Vorsatz begangener strafbarer Handlungen zu einer Freiheitsstrafe ab 20 Jahren (es sei denn, der Erblasser hat dazu ermuntert oder daran mitgewirkt oder die Tat gebilligt)

3. wenn der Erbberechtigte eine gegen die öffentliche Sittlichkeit anstößige Lebensweise beharrlich führt, zB gegen den Willen des Erblassers als Prostituierte/r tätig ist oder beharrlich mit solchen verkehrt oder auch ein ehebrecherisches Verhältnis aufrechterhält.

Allerdings können im Fall einer rechtmäßigen Enterbung die Nachkommen des Enterbten den Pflichtteil ansprechen (§ 780 ABGB) und obliegt außerdem gemäß § 770 ABGB dem Erben im Abhandlungsverfahren die Beweislast für das Vorliegen eines Enterbungsgrundes, weshalb es sich empfiehlt, daß bereits der Erblasser testamentarisch die Enterbungsgründe ausführlich darlegt (der Erbe ist daran jedoch nicht gebunden, sondern kann auch noch das Vorliegen anderer Enterbungsgründe unter Beweis stellen).

Weiters sehen die §§ 770 iVm. 540 bis 542 ABGB noch folgende Gründe für die Erbunwürdigkeit des Pflichtteilsberechtigten –mit der Folge des Verlusts des Pflichtteilsanspruches- vor:

1. Begehung einer mit mehr als einjähriger Strafe bedrohten, gerichtlich strafbaren Handlung gegen den Erblasser;

2. gröbliche Vernachlässigung von sich aus einem Familienrechtsverhältnis ergebenden Pflichten, zB der Unterhalts- oder der Beistandspflicht (wobei jedoch die Lehre dazu neigt, nur vorsätzliches Verhalten als Erbunwürdigkeitsgrund anzusehen;

beides jedoch nur insoweit, als keine Vergebung durch den Erblasser vorliegt; sowie

3. Zwangsausübung oder Betrug gegen den Erblasser, um diesen zur Erklärung oder Abänderung des letzten Willens zu verleiten oder ihn daran zu hindern

4. Unterdrückung eines Testaments

Anstelle des Erbunwürdigen beruft jedoch § 541 ABGB dessen Nachkommen zu Repräsentanten, sodaß diese bei gesetzlicher Erbfolge dessen Erbteil oder bei testamentarischer Erbfolge zumindest dessen Pflichtteil erhalten (das gilt jedoch nicht in den beiden letztgenannten Fällen der 'Testamentsmanipulation' - § 542 ABGB)

Im Unterschied zu Enterbungsgründen müssen Erbunwürdigkeitsgründe vom Erblasser durch letztwillige Entziehung des Pflichtteils geltend gemacht werden (§ 770 ABGB; wohingegen Enterbungsgründe auch ohne letztwillige Erklärung vom Erben geltend gemacht werden können).

Liegt eine ausdrückliche Enterbung vor, gleichwohl ob sie aus einem Enterbungs- oder auch aus einem Erbunwürdigkeitsgrund erfolgt ist, so kann diese nur durch einen ausdrücklichen und in der gesetzlichen Form erklärten Widerruf aufgehoben werden; eine formlose nachträgliche Verzeihung genügt diesfalls nicht.

Schließlich kennt das Gesetz in § 773 ABGB auch noch die Enterbung in guter Absicht für den Fall, daß “bei einem sehr verschuldeten oder verschwenderischen Noterben das wahrscheinliche Besorgnis obwaltet, daß der ihm gebührende Pflichtteil ganz, oder größten Teils seinen Kindern entgehen würde“. Diese Voraussetzung wird beispielsweise bei einem überschuldeten oder in Konkurs befindlichen Pflichtteilsberechtigten jedenfalls als erfüllt angesehen. Der Erblasser kann hier bestimmen, daß der Pflichtteil direkt an die Kinder des Noterben ergehen soll.

Wer als Pflichtteilsberechtigter ohne das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen enterbt (§ 768 f. ABGB) oder gutmeinend enterbt (§ 773 ABGB) wurde oder wem wegen Erbunwürdigkeit unberechtigt das Pflichtteil entzogen wurde (§§ 770 iVm. 540 bis 542 ABGB), dem steht gemäß §§ 775 ff. ABGB gegen die Erben die Pflichtteilsklage offen; in allen diesen Fällen haben die Erben das Vorliegen der entsprechenden Gründe zu beweisen.

Mit dem Erbrechtsänderungsgesetz 1989 wurde –mit Wirkung für alle Erbfälle ab dem 01.01.1991- § 773a ins ABGB eingefügt und damit die Möglichkeit einer Pflichtteilsminderung vorgesehen, wenn der Erblasser und seine Kinder “zu keiner Zeit in einem Naheverhältnis (standen), wie es in der Familie zwischen Eltern und Kindern gewöhnlich besteht“; auf entsprechende Anordnung des Erblassers hin verringert sich der Pflichtteilsanspruch des Kindes (oder umgekehrt auch der Eltern) und allfälliger Repräsentanten auf die Hälfte; Voraussetzung für eine derartige Pflichtteilsminderung ist allerdings schon nach dem Gesetzeswortlaut (dem –soweit erkennbar- auch die Judikatur gefolgt ist), daß zu keinem Zeitpunkt ein Naheverhältnis wie zwischen Eltern und Kindern bestanden hat, womit sich der Anwendungsbereich dieser Bestimmung auf uneheliche Kinder sowie auf eheliche Kinder reduziert, die den betreffenden Elternteil nie zu Gesicht bekommen haben und um deren Entwicklung sich der Erblasser auch sonst nie gekümmert hat, ebensowenig wie umgekehrt; ist aber lediglich die Eltern-Kind-Beziehung über die Jahre, wenn auch nur einseitig, abgebrochen worden, zB infolge Großjährigkeit und Wohnsitzwechsel, liegt kein ausreichender Grund für eine Pflichtteilsminderung vor.

Testamente können jederzeit wieder geändert werden und kosten an sich nichts; zur Vermeidung weitaus kostspieligerer Erbstreitigkeiten sollte man aber gerade bei den -ohnehin nicht besonders hohen- Kosten einer anwaltlichen oder notariellen Beratung bzw. Hilfestellung bei der Testamentserrichtung nicht sparen (außer man mag im Grab in Bewegung bleiben ;-)



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