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rechtsanwalt.at Forum
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Autor: RR (---.public.t-mobile.at)
Datum: 18.02.09 18:59
Hallo!
Bitte um rasche Hilfe!
Ich hatte vor 6Wochen einen Skiunfall mit einer Skifahrerin, wobei sich diese einen Bruch des Schambeins zuzog. Mir ist nichts passiert. Da diese Skifahrerin ins Spital transportiert wurde, erfolgte eine Aufnahme von der Polizei.
Nun bekam ich einen Brief von der Staatsanwaltschaft mit einer Strafe von 1200Euro.
Grund: fahrlässige Körperverletzung nach §88 Abs.1 u 4, 1.Fall StGB. (mangelnde Sorgfalt und Aufmerksamkeit führte zu Unfall)
Allerdings finde ich, daß ich nicht schuld bin!
Sie hat einen Zeugen und ich nicht. Ich habe nur die Aussage am Unfallort, daß ich nicht Schuld bin und ich weiterfahren soll. (dies kann auch jemand bezeugen)
Wie soll ich mich nun weiter verhalten? Soll ich zahlen, oder ev. Einspruch erheben?
Bzw. wenn ich zahle, gestehe ich ja meine Schuld ein, oder?
Falls dann noch Forderungen von der Skifahrerin kommen, stehe ich ja dann als klarer Schuldiger dar, oder?
Leider habe ich keinen Rechtsschutz
Bitte um Hilfe.
Danke im Voraus
Grüsse
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Antwort zu dieser Nachricht
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Autor: Küchenjurist (93.83.149.---)
Datum: 18.02.09 21:23
An sich sollte alles, was Sie dazu wissen müssen, bereits im Schreiben der Staatsanwaltschaft stehen.
Früher konnte die Staatsanwaltschaft geringfügige Delikte mittels Strafverfügung erledigen; wurde die Strafe bezahlt, so war das Verfahren erledigt - und gleichzeitig auch die Vorstrafe im Register.
Das gibt es aber heute nicht mehr.
Es kann sich daher nur um ein sogenanntes "Diversionsangebot" handeln, also :
Der Staatsanwalt geht nach der bisherigen Aktenlage (Polizeibericht, Unfallsaufnahme etc.) von einer -wenn auch geringen- Schuld aus, für die es aber nicht unbedingt einer Strafe bedarf und die daher mittels Zahlung einer Geldbuße aus der Welt geschafft werden könnte.
Die Zahlung ist weder als Schuldanerkenntnis zu werten (auch nicht in einem allfälligen Schadenersatzverfahren) noch bedeutet sie eine Vorstrafe.
Ob Sie dieses Angebot annehmen, müssen Sie selber entscheiden; zu bedenken ist dabei aber folgendes :
1) Staatsanwaltschaften benutzen Diversionsangebote gerne als Mittel, ihre Aktenberge zu verringern; nur weil Sie das Diversionsanbot bekommen haben, bedeutet das noch nicht, daß der Akt tatsächlich etwas bzw. viel für ihre Schuld hergibt.
2) Wenn Sie das Anbot nicht annehmen, haben Sie zumindest die Chance, freigesprochen zu werden.
3) Sollte sich das Verfahren im Sinne einer Erhärtung des Verdachts entwickeln, kann bei geringer Schuld trotzdem immer noch eine Erledigung mittels Diversion erfolgen.
Eine Verurteilung, obwohl nach dem Ergebnis des Beweisverfahrens nur von einer "geringen Schuld" auszugehen wäre, könnte wegen Nichtigkeit bekämpft werden.
4) Ein allfälliges Mitverschulden der Verletzten ist im Strafverfahren ohne Bedeutung; für die Annahme Ihrer Schuld genügt es bereits, wenn Ihnen ein Sorgfaltsverstoß zur Last liegt, der (mit)ursächlich für den Unfall war.
5) Da Ihre Unfallsgegnerin verletzt wurde, müssen Sie mit Schmerzengeld- und Schadenersatzforderungen rechnen. Im Strafverfahren haben Sie die Möglichkeit, vergleichsweise günstig Beweiserhebungen zum Unfallshergang (zB durch Sachverständige) führen zu lassen, als wenn Sie diesbezüglich zivilrechtlich verklagt würden.
Werden Sie freigesprochen, so ist es zwar nicht ausgeschlossen, aber eher unwahrscheinlich, daß Sie auch noch zivilrechtlich verklagt werden.
Werden Sie nicht freigesprochen, so können zumindest die Beweisergebnisse des Strafverfahrens den Aufwand im Zivilverfahren erheblich senken - und damit auch Ihr Prozeßkostenrisiko.
(Sie müssen zwar im Fall einer Verurteilung auch Strafverfahrenskosten ersetzen, diese sind aber erheblich geringer als wenn ohne prozessuale Vorgeschichte quasi von Null an erst ein Zivilverfahren geführt werden müßte.)
6) Eine Vorstrafe wegen fahrlässiger Körperverletzung ist nicht gravierend. Sie unterliegt der beschränkten Auskunft und scheint daher in Leumundszeugnissen nicht auf. Sie wird auch rasch wieder getilgt.
Problematisch sind solche Vorstrafen nur, wenn weitere hinzukommen (Erschwerungsgrund).
7) Wenn in Ihrem Haushalt eine Haushaltsversicherung besteht, haftet diese auch für diesen Unfall; Sie sollten daher rasch eine Schadensmeldung erstatten.
Diesfalls -oder wenn Sie eine Rechtschutzversicherung haben- können Sie die obigen verfahrensrechtliche und kostenmäßigen Überlegungen außer Ansatz lassen (es sei denn, die Unfallsgegnerin wurde so schwer verletzt, daß die Versicherungssummen nicht ausreichen; diesfalls würde aber der Staatsanwalt kaum noch von einer "geringen Schuld" ausgehen können).
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Autor: RR (---.messagelabs.net)
Datum: 19.02.09 07:10
Hallo Küchenjurist!
Vielen Dank für die rasche und sehr ausführliche Anwort!
Wie Sie richtig vermutet haben, ist es ein "Diversionsangebot", da auch im Schreiben steht, daß dieser Akt geschlossen wird, wenn ich die Summe einzahle.
Wie würden Sie sich an meiner Stelle verhalten?
Wie bereits erwähnt, habe ich leider keine Rechtsschutzversicherung.
In meiner Haushaltsversicherung ist natürlich auch eine Privathaftpflicht enthalten. Aber welchen Teil würde diese bezahlen? Diese Summe nun von der Staatsanwalt - Strafe oder die Kosten bei einer ev. zivilrechtlichen Klage, oder beide?
Könnte es sein, daß bei einer zivilrechtlichen Klage, dann auch ein Anwalt von der Versicherung beigestellt wird?
Bei der Versicherung habe ich noch keine Schadensmeldung gemacht, da eigentlich dann eher der Verdacht ensteht, daß ich Schuld bin, oder soll ich dies sofort nachholen?
Wie sollten nun meine nächsten Schritte sein?
Vielen dank im Voraus.
Beste Grüsse
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Autor: Küchenjurist (93.83.149.---)
Datum: 19.02.09 14:57
Die Schadensmeldung an Ihre Privathaftpflichtversicherung sollten Sie sofort erstatten, ansonsten infolge Obliegenheitsverletzung Leistungsfreiheit bestehen könnte.
Was die Versicherung übernimmt (und auch: bis zu welchem Betrag !), können Sie der Polizze und den zugehörigen allgemeinen Bedingungen entnehmen (Diversionsbußen oder Strafen jedenfalls nicht).
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